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Interview (Musik)Blättern: Vorheriger Artikel | Nächster Artikel

SCHMUTZKI: Verteidiger des sympathischen Spackotums

Eine Band, die unter anderem mal für Die Toten Hosen eröffnen durfte auch beim diesjährigen Nova Rock die Meute begeisterte, kann kaum schlecht sein... Im Gegenteil: Schmutzki aus Stuttgart haben sich ihre Sporen längst verdient und rocken sowohl auf der Bühne, als auch auf Tonträger. Höhen und Tiefen gab es für das Trio reichlich, aber an diesen sind die Jungs nur gewachsen und haben ihren jugendlichen Wahnsinn nie ganz abgestriffen, den sie uns ab Dezember auf der neuen EP Crazy um die Ohren hauen. Das schien mir eine perfekte Gelegenheit, Schmutzki mal mit einigen Fragen via Email zu löchern, welche mir Bassist Dany auch ausführlich und informativ beantwortet hat. Los geht´s!

Otti:
Gehen wir zunächst mal davon aus, dass es noch versprenkelte Individuen da draußen gibt, die noch nie von Schmutzki gehört haben: Wie würdet Ihr solch verirrten Seelen Euer künstlerisches Konzept näher bringen?

Dany:
Wir sind Schmutzki aus Stuttgart, eine gar nicht mehr so unbedeutende Punkrock-Band und seit 2011 unterwegs durch deutschsprachige Lande. Wir verstehen uns als Gute-Laune-Lieferanten und tapfere Verteidiger des sympathischen Spackotums, was wir in Form von liebevoll-ballernden Liedchen und Schweiß-Bier-Glückshormon getränkten Konzerten unter Beweis stellen.

Schmutzki
"Den Menschen ein Lächeln auf Gesicht zaubern, weil wir glauben, dass lächelnde Menschen keine Nazis werden."

Otti:
Was sind denn die unabdingbaren Eigenschaften, die ein Musiker oder Mensch mitbringen muss, um bei Schmutzki mitmachen zu dürfen?

Dany:
Du musst einfach Freude daran haben, die Leute glücklich zu machen. Wir machen keine Musik fürs Feuilleton oder den Debattierklub. Unsere Aufgabe ist es, die Welt ein bisschen weniger beschissen zu machen, indem wir den Leuten sagen: Seid doch mal nett zu einander und hört auf euch so schrecklich ernst zu nehmen. Zumindest für einen Abend. Wenn dir das zu wenig oder zu uncool ist, ist dieser Job sicher nichts für dich.

Otti:
Meine erste Begegnung mit Euch war übrigens vor fast genau 5 Jahren, als Ihr im Vorprogramm von Wizo rumgeturnt seid und ich das Ganze an einem Abend ablichten durfte. Damals wart Ihr als Band noch verdammt grün hinter den Ohren - welche Reifeprozesse habt Ihr seitdem durchlaufen?

Dany:
Hoffentlich möglichst wenig! Wir merken immer wieder, dass wir das was wir tun am besten tun, wenn wir uns wieder so fühlen wie damals. Das ist der Geist von Schmutzki und wird es hoffentlich immer sein: Wir sind eigentlich zu schlecht - scheiß drauf, wird geil!

Otti:
Nun steht ja im Dezember die Veröffentlichung von Crazy an. Was hat Euch denn - nach drei Langspielplatten - dazu bewogen, Euch diesmal auf eine EP zu reduzieren?

Dany:
Wir hatten eigentlich wieder viele Songideen beisammen, wollten uns aber auf diese 6 Songs konzentrieren und diese noch 2019 rausbringen. Hätten wir ein Album anvisiert, hätten wir bestimmt noch ein halbes Jahr gebraucht. Und es hat sich cool angefühlt, es diesmal kleiner zu halten, weil so der Aufnahme-Prozess nicht so schrecklich lang war. Manchmal kommst du aus dem Studio und bist halb urlaubsreif. Dabei geht die Arbeit dann direkt weiter, vor allem wenn man wie wir, die ganze Organisation einer Veröffentlichung selbst stemmt.

Otti:
Wer waren für Euch die wichtigsten Wegbegleiter und Inspirationquellen bei der Entstehung von Crazy?

Dany:
Wir stehen intern immer noch stark unter dem Einfluss der letzten 2-3 Jahre, wo wir ja unseren Plattenvertrag verloren haben und alles neu sortieren mussten. Auch der permanent Gegenwind, den wir ja schon immer ausreichend von allen Seiten bekommen haben, hatte sich zu einigen, großen Fragezeichen angestaut. Katerstimmung könnte man es auch nennen. Wir haben viel hinterfragt und überlegt, ob wir so weitermachen können und wollen. Letztendlich sind wir zu dem Schluss gekommen: Ja, wir machen genau so weiter, alles scheiß egal! Crazy ist für uns wie der kleine Spaziergang, der dir den Rest des Katers aus den Knochen treibt. Es kann also weiter gehen!

Otti:
Wenn ihr jetzt zurück blickt, gab es auch unerwartete knifflige Momente und/oder Herausforderungen, denen Ihr Euch während der Arbeiten an der EP stellen musstet?

Dany:
Die Entscheidung, uns auf unser Ding zu besinnen, die Scheuklappen aufzusetzen und einfach weiter zu machen, hat alles viel leichter gemacht. Davor waren wir immer noch in diesem negativen Gefühl gefangen, dass wir seit Jahren eingetrichtert bekommen haben, dass wir mit Schmutzki die Erwartungen nicht erfüllen konnten, die man an uns gestellt hat. Dass unsere Musik nicht großartig genug ist, unsere Konzerte nicht professionell genug und sowieso viel zu wenig Klicks und Plays und was weß ich noch. Irgendwann haben wir gesagt, "fuck it!" und ab da war eigentlich alles relativ easy.

Otti:
Während ich mir einen Song wie Hausverbot anhöre, frage ich mich, wieviel Autobiografie steckt da im Text? Und bei welcher Lokalität wäre (oder ist) es wirklich schade, wenn Ihr da nie wieder rein dürftet?

Dany:
Es gab schon Zeiten, wo wir uns nicht ganz sicher waren, wo wir überall verbrannte Erde hinterlassen haben. In unserer Stammkneipe in Stuttgart wurde man doch paar mal "freundlich hinaus geleitet", weil es einfach zu viel wurde. Da wusste man am nächsten Tag schon nicht so ganz, ob man da nochmal aufkreuzen sollte und war im Endeffekt froh, wenn einem verziehen wurde. Aber was wirklich schlimmes haben wir nie angestellt, also bin ich zuversichtlich, dass wir fast überall (wieder) rein kommen.

Otti:
Als ich vor über 20 Jahren mit meiner damaligen Band auf Tour war, hat einer unserer Begleiter das geflügelte Wort geprägt: "Ein Abend ohne Fimriss ist ein verlorener Abend". Fragt man die Musiker von heute, dann ist da allerdings kaum noch "Sex, Drugs & Rock´n´Roll" Feeling - vielmehr betonen alle ihre Professionalität. Wie sieht Euer Verhalten diesbezüglich in Theorie und Paxis aus?

Dany:
Ich würde sagen, irgendwo dazwischen. Irgendwie ist es ja auch schade, wenn man von der Tour heimkommt und weiß quasi nix mehr davon. Auf der anderen Seite wollen wir schon unseren Spaß mit den Leuten haben und ganz ohne Alkohol sind wir Deutschen auch einfach bissl zu steif in der Hüfte. In den letzten Jahren haben wir glaub ich einen ganz guten Modus gefunden, der den Spaß für die Leute maximiert und die Kolateralschäden minimiert.

Otti:
In Eurem Pressetext zur EP schreibt Ihr "Die Nachwirkungen des Major-Deals, der letzte bittere Nachgeschmack vollkommen utopischer Versprechungen." Was genau ist denn da passiert, wenn ich fragen darf? Und welche Versprechungen wurden gemacht, die sich nicht erfüllt haben?

Dany:
Ich glaube, man muss sich die Situation von damals vor Augen halten: Rock war noch nicht halbtot und ein Plattenvertrag bedeutete, dass man es quasi geschafft hat. Und einem wurde gesagt, dass die ganzen superprofessionellen Leute bei Label und Management jetzt schon alles ganz toll richtig machen werden. Also haben wir unsere Jobs geschmissen (keine schlechten Jobs) und selbst auch geglaubt, das läuft jetzt alles von selbst. Als erstes haben wir dann gemerkt: Nicht alle um uns herum machen einen guten Job, wir müssen das meiste selbst machen, damit es gut wird. Dann sind die Plattenverkäufe endgültig eingebrochen und alles ohne Rap oder Elektro war plötzlich mega uncool. Und obwohl wir uns den Arsch aufgerissen haben, haben wir uns die ganze Zeit anhören müssen: Zu wenig, zu uncool, zu unhittig, zu wenig radiotauglich. Das falsche Versprechen war: Irgendwann/demnächst macht es Boom und alles läuft von selbst. Das Gegenteil war der Fall. Heute machen wir fast alles selbst, erkämpfen uns immer noch jeden Fan und jeden Euro, aber werden langsam aber sicher immer selbstbewusster. Bitter ist es aber trotzdem noch manchmal, wenn man daran denkt, wie naiv wir waren. Aber wir sind immer noch da und das ist die Hauptsache!

Otti:
Im gleichen Schreiben betont Ihr, dass ihr keine Moralisten und Politiker seid und im Grunde jeder bei Euch willkommen ist - einen Seitenhieb auf eine gewisse Partei gibt es aber dennoch. Wo liegen die Grenzen Eurer Toleranz?

Dany:
Das Thema ist superkomplex heutzutage. Wir wollen uns positionieren, aber nicht den erhobenen Zeigefinger schwenken. Wir wollen auf der Bühne die richtigen Worte finden, aber es uns auch nicht zu leicht machen und das ganze mit zwei "Fuck AfD" Ansagen abhandeln. Wir wollen auch offen bleiben und nicht jeden, der eine unliebsame Meinung hat, direkt als Nazi diffamieren. Und wir wollen nicht noch mehr spalten, aber unsere Toleranz hat auch Grenzen. Was zur Zeit am rechten Rand passiert, ist extrem beunruhigend und wir stellen uns mit jeder Faser gegen dieses Gedankengut. Aber was machen wir jetzt als Künstler mit diesen Themen? Wie sollen wir diese vielschichtigen Probleme in unsere einfachen Musik behandeln? Ohne einfach nur Parolen zu wiederholen, die offensichtlich das erstarken der Rechten aktuell nicht aufhalten können. Wir suchen nach Wegen, aber haben hier noch keinen Masterplan. Deshalb tun wir als Schmutzki das, was wir am besten können: Den Menschen ein Lächeln auf Gesicht zaubern, weil wir glauben, dass lächelnde Menschen keine Nazis werden.

Otti:
Wie weit kann man als Musiker in der Öffentlichkeit überhaupt Neutralität wahren, wenn es um politische und gesellschaftliche Dinge geht?

Dany:
Neutralität ist ja heute fast ein vergiftetes Wort, weil es impliziert, dass man sich einfach raushält. Wir tun das nicht, aber wir tun auch nicht so, als hätten wir die Weisheit mit Löffeln gefressen. Wenn Leute Angst vor Flüchtlingen haben, dann kann ich ihnen so oft man will "Refugees Welcome" ins Gesicht schreien, sie werden es anders sehen. Man muss einen Weg finden, sie zu überzeugen. Wir können das tun, indem wir auf unseren Platten und Konzerten Offenheit und Toleranz demonstrieren, aber diese Message wird nur ankommen und wirken, wenn sie 100% glaubwürdig und nicht aufgesetzt rüberkommt. Deshalb halten wir die politischen Flaggen lieber etwas niedriger. Nicht, weil uns alles egal ist, sondern weil wir nur wirken können, wenn wir und unsere Botschaft wirklich authentisch sind.

Otti:
Insgesamt habt Ihr als Band auf jeden Fall einigis erlebt. Was waren für Euch die drei bis dato erinnerungswürdigsten Ereignisse in der Geschichte von Schmutzki?
1. Das erste mal richtig auf Tour sein mit Wizo 2014. Da haben wir unsere Sporen verdient.
2. Die Hosen Support Show in Leipzig 2015 vor gefühlt vier Millionen Leuten. Damals haben wir bewiesen, dass wir so eine große Bühne spielen können und nicht vor Angst umfallen.
3. Das Tourfinale (Schmutzgart) 2019 im ausverkauften LKA Longhorn Stuttgart. Für uns der Beweis, dass es sich gelohnt hat nicht aufzugeben.

Otti:
Dies ist die dreizehnte Frage des Interviews - Inwieweit seid Ihr von Aberglauben und festen Ritualen betroffen?

Dany:
Unsere Platte erscheint am Freitag den 13.12., das sollte die Frage beantworten! ;)

Otti:
Und zum Abschluss wüsste ich gerne: Wenn es einst eine Verfilmung Eurer Bandgeschichte geben sollte, wen (abgesehen von Euch selbst natürlich) würdet Ihr gerne in den Rollen der drei Bandmitglieder sehen?

Dany:
Spontan: Beat - Farin , Dany - Bela B, Flo - Rod

Wenn Ihr mehr über Schmutzki erfahren wollt, stehen unter anderem folgende Wege zur Verfügung:
schmutzki.de
facebook.com/schmutzki

Art des Interviews: Email
30.10.2019 by Otti
SCHMUTZKI in unserer Band- und Künstlerdatenbank

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