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Corvus Corax: Die Kolkraben landen im X

Misskommunikation führt manchmal zu recht spontanen, aber nicht minder erfreulichen Ausflügen. So auch im April dieses Jahres, als El Cheffe Otti mir davon berichtete, dass er zu einem Konzert von Corvus Corax nach Herford fahren würde. Irgendwie haben wir beide bei eben diesem Gespräch ziemlich aneinander vorbei geredet, denn obwohl ich durchaus Lust hatte mir das Konzert anzusehen, waren wir beide der Meinung, dass sich dies nicht mit meinem Dienstplan vereinbaren ließ. Am Samstag, den 10. April dieses Jahres kam ich dann nachmittags nichtsahnend von der Arbeit, als Otti mir sagte, er würde sich bald auf den Weg machen, um die über 200km bis Herford in aller Ruhe absolvieren zu können. Dabei stellte sich dann raus, dass ich am Folgetag frei hatte und im Grunde überhaupt nichts gegen mein Mitfahren sprach. Schnell entschieden stürzte ich also unter die Dusche, erledigte in aller Hektik sämtliche Vorbereitungen, die Frau so für einen Konzertbesuch für dringend erforderlich hält, während Otti sich bereits auf den Weg nach Essen gemacht hatte, um mich einzusammeln. Scheinbar war das Timing an diesem Tag mal auf meiner Seite und so klingelte es just in dem Moment, in dem ich atemlos zu der Erkenntnis kam: "Fertig, jetzt kann´s losgehen."

Und so war es dann auch. Die längere Autofahrt nach Herford wurde mit Gesprächen über Bücher und Magic: The Gathering kurzweilig gestaltet und so ließ die Ankunft direkt vor dem Club X dann auch nicht lange auf sich warten. Die Parksituation war zu diesem Zeitpunkt noch vollkommen unproblematisch und so waren wir pünktlich vor Einlass auch vor Ort. Ebenso unproblematisch verlief dann die Akkreditierung und Ottis Ausstattung mit einem Fotopass, so dass wir noch vor Konzertbeginn genügend Zeit hatten die Mainhall des X zu erkunden, was auch durchaus Spaß machte. Von den verschiedenen Bars, über die Sitz- und Chillmöglichkeiten bis hin zu den Platzverhältnissen machte das X einen überzeugenden Eindruck. Besonders erfreulich war für Nichtraucher wie mich, dass der Raucherbereich tatsächlich so abgeteilt war, dass man gänzlich qualm-unbelästigt blieb. Zumindest solange man nicht auf die Toilette musste, denn das arme Rauchervolk (ja, da hatte ich fast ein bisschen Mitleid) musste seiner Sucht im Eingangsbereich zu den sanitären Anlagen frönen. An sich wohl etwas unglücklich umgesetzt, andererseits hatten sie durch die großen Plastiktüren immerhin Sicht auf die Bühne und waren auch immer in Hörweite der Ereignisse, was widerum mit Sicherheit angenehmer ist als den Club gänzlich verlassen zu müssen.



Bereits der erste Blick auf die Bühne rief einem in Erinnerung, dass eine Formation wie Corvus Corax Platz braucht. Schon ohne die Band wirkte die für solche Zwecke recht kleine Bühne des X proppevoll, bot aber gleichzeitig schon allein an Instrumenten soviel zu entdecken, dass man visuell völlig vereinnahmt wurde. Das Konzert begann dann auch pünktlich um 20 Uhr und war sehr gut besucht, wenn auch nicht ganz ausverkauft. Was man vorher nur vermutete, zeigte sich nun ganz deutlich. Nachdem Castus, Wim, Teufel, Hatz, Norri, Martin und Pan Peter die Bühne geentert hatten, war diese auch gut gefüllt. Erstaunlicherweise schafften es die Kolkraben dennoch zu tanzen und mit Vollgas zu rocken. Mit Songs wie Urmawi, Nominalto oder auch Spielmannstanz wurden bereits in der ersten halben Stunde die Fans ordentlich ins Schwitzen gebracht. Danach sollte eine kleine Pause folgen, die - so forderte es Castus - dazu genutzt werden sollte, die Theke zu stürmen, weiter zu trinken und sich anschließend beim Weitertanzen gegenseitig aus der Kleidung zu helfen. Vorher jedoch ertönte noch Hymnus Nanus. Der Song entstand im Zusammenhang mit Die Zwerge Live - eine Aufführung des Markus Heitz-Stoffes Die Zwerge. (Wer mehr darüber erfahren möchte, dem sei an dieser Stelle nicht nur ein Interview mit Castus empfohlen, sondern ebenso das Interview mit Johannes Steck.)

Die folgende Pause von einer halben Stunde bot sich an, um zwischendurch noch etwas zu trinken, sich ein bisschen zu unterhalten und vor allem auch einfach durchzuatmen - oder genau das Gegenteil von letzterem zu tun. Otti verzog sich nämlich zwischenzeitlich auch in den Raucherbereich und während ich ihm des Gespräches wegen dorthin folgte und sehr bemüht darum war, das Atmen nicht gänzlich einzustellen, schoß mir immer wieder ein Satz durch den Kopf, den mein Vater immer zu sagen pflegte: "Räucherware hält sich länger". Wenn sich dies als wahr erweist, habe ich in dieser gigantischen Qualmwolke sicherlich ein oder zwei Lebensjahre dazu verdient.



Als nach einer halben Stunde die Könige der Spielleute erneut die Bühne für sich einnahmen, ging es mit Suam Elle Ires sofort temporeich weiter. Anschließend folgte der Tanz der Haremsdamen Neva Cengi Harbi und auch wenn im Publikum vermutlich weniger echte Haremsdamen unterwegs waren, tanzten die anwesenden Frauen, was das Zeug hielt. Bis zu diesem Zeitpunkt war dem Aufruf zum gegenseitigen entkleiden aber noch niemand gefolgt - genau genommen sind mir im Laufe des Abends auch keine Nackten mehr aufgefallen, obwohl die Kolkraben durchaus so sehr einheizten, dass ich Verständnis gezeigt hätte. Nachdem dann Skudrinka 2 verklungen war, folgte mit Mille Anni Passi Sunt für mich der erste Gänsehaut-Song. Dunkel-drohend und klanglich so übermächtig, dass es einen fast zu verschlingen scheint ist dieser Song bereits auf CD ein unglaublicher Genuss. Live jedoch fangen einen die Stimmen komplett ein und wirken fast hypnotisch, so dass diese Nummer eine epische Breite entwickelt, die ihresgleichen sucht. Die Kolkraben ließen einem jedoch auch keine Atmenpause, denn im Anschluß erklang sofort die Corvus Corax-"Titelmelodie" Venus Vina Musica - das heißt das andächtige Lauschen war vorbei und es knallte wieder aus den Boxen. Danach folgte ein Stück, dass man - sofern man mittelalterliche Klänge mag - immer und immer wieder zu hören bekommt. Beinahe jede Band spielt es und es klingt immer anders: Das Palästinalied. Bisher habe ich etliche verschiedene Versionen gehört, manche überzeugten, andere widerum ließen mich gänzlich unberührt. Ich gebe zu, dass es Corvus Corax an diesem Abend nicht gelungen ist Qntal mit ihrer Version dieses Stückes vom Thron meiner persönlichen Bestenliste zu stossen, aber sie sind verdammt nahe gekommen und das ist definitiv schon grandios. Wenig später war In Taberna an der Reihe - ein Song der nicht nur der Band augenscheinlich Spaß macht, sondern vor allem auch das Publikum in einem Sturm der Begeisterung einte - das laute Mitgröhlen des LaLaLaLaLaLa klappt ja auch noch nach dem sechsten Bier problemlos und so stimmte der gesamte Club in diesen ohrenbetäubenden Chor mit ein.



Während der Stücke wechselten sich Castus und Teufel mit den zum Teil sehr poetischen Anmoderationen der einzelnen Songs ab und sorgten natürlich auch für den einen oder anderen Lacher. Ich muss zugeben, dass Corvus Corax wegen des großen Anteils an Instrumentalstücken nur gelegentlich aus meinem heimischen CD-Player schallen, auch wenn ich mittelalterliche Musik wirklich sehr gern höre. Allerdings - und das sei hier ganz klar gesagt - keiner anderen Band aus diesem musikalischen Genre ist es bisher gelungen mich live so zu faszinieren. Corvus Corax gelingt es so authentisch zu wirken, dass das Mittelalter beinahe greifbar wird. Sich mitreissen zu lassen ist bei einer Band, die soviel Spielfreude an den Tag legt ein Leichtes und so war das KOnzert dann auch viel zu schnell zu Ende. Nachdem zum Schluß noch Ductia und Saltarello erklungen waren, die mit ihrem Tempo natürlich die ideale Grundlage boten, um dem Publikum das letzte abzufordern, verließen die schwarzen Vögel die Bühne. Mit vereinten Kräften und Stimmen wurden sie kurzzeitig zu zwei weiteren Zugaben auf die Bühne zurückgeholt, um sich dann endgültig zu verabschieden. Wobei endgültig hier nur teilweise richtig ist, denn nach einer Verschnaufpause wollte man sich noch einmal unters Volk mischen. Da jedoch inzwischen das X den Zugang für das normale Samstag-Abend-Publikum frei gegeben hatte, stürzten Unmengen an Teenies herein, denen der mittelalterlich-schwarze Publikumshaufen wohl genauso ungewöhnlich vorkam, wie es andersrum der Fall war.

So zogen Otti und ich dann auch bereits von dannen, jedoch nicht ohne dem direkt neben dem X gelegenen goldenen M noch einen kurzen Besuch abzustatten. Während Otti sich dort für die Heimreise stärkte, setzte bei mir langsam die Müdigkeit ein, was auch nicht verwunderlich war, hatte der Tag doch immerhin bereits um 5 Uhr früh für mich begonnen. Die Heimfahrt flog dann auch nur so dahin und als mich Otti letztlich wieder in Essen ablieferte, war ich zwar völlig geschafft, aber doch überaus froh mich so eilig für das Mitfahren entschieden zu haben. Corvus Corax sind ganz unzweifelhaft eine der größten Bands auf ihrem Gebiet und wer sich auch nur im geringsten für mittelalterliche Musik erwärmen kann, der MUSS sie live gesehen haben. Sie sind live das Maß aller Dinge!

Bilder vom Konzert findet ihr hier:
Corvus Corax @ X, Herford - Galerie 1
Corvus Corax @ X, Herford - Galerie 2

07/02/10 by Brummelhexe

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