Eisregen: Schlangensonne

Nur wenige Bands trauen sich, Morbidität und Absurdität in ihrer Musik wirklich zu zelebrieren - Und noch weniger sind in der Lage, das auch noch qualitativ hochwertig und mit der richtigen Spur Humor (zwischen Ironie und Sarkasmus) zu präsentieren. Eisregen aus Thüringen nehmen hier eine Sonderstellung ein. Seit gut 15 Jahren rockt das Quartett quer durchs Irrenhaus, welches sich Deutschland nennt, persiflieren gekonnt gesellschaftliche Phänomene und vertonen skurrile Anekdoten. Mit Schlangensonne erschien nun im Jubiläumsjahr der neueste Streich der finsteren Schelme, eine rundum gelungene Veröffentlichung, um es gleich vorne weg zu sagen.

"Arschloch! Wo ist das Arschloch?" - Dieser Spruch wird mich noch die nächsten Monate verfolgen. Wer das Album (oder zumindest den Song Das Allerschlimmste) bereits gehört hat, weiß wovon ich spreche. Wo andere Bands mit mehr oder minder gelungenen Samples arbeiten, setzen Eisregen Akzente. Die Hasstirade, zu der besagte Aussage gehört ist übrigens einzigartig, reinhören! Begonnen hat meine Schlangensonne-Safari allerdings mit Der Zauberelefant... Wie gewohnt hatte ich die Promo eingelegt, auf Random gedrückt und wurde gleich von diesem Folk- und Metal-Hybrid "verzaubert" - der beste Elefanten-Song seit einem gewissen Hit der Toy Dollz. Seitdem gehts rund... Stille Finsternis umhülllt Linkshänder, eine etwas andere Geistergeschichte erzählt Auf Ewig Ostfront und das traurige Schicksal von Kai aus der Kiste teilen - wenn man mal die Augen offen hält - mehr von uns als man glaubt.

Letztlich lässt sich Schlangensonne eh kaum beschreiben. Abgefahren? Makaber? Das hatten wir schon. Es ist einfach faszinierend, wie Eisregen zwischen allen Gräten wandern, und dabei Unterhaltung mit ernsten Themen in Einklang bringen. Fans alter Samsas Traum-Stücke dürften hier im übrigen auch ihre Freude dran haben...

So ist Schlangensonne dann auch eine wahre Entdeckung. Nicht zuletzt, weil das Album hier im allgemeinen Arbeitsstress beinahe untergegangen wäre... Doch die listige Schlange hat es zum Glück doch noch geschafft, sich in meine Aufmerksamkeit zu schleichen. Ich liebe solche Musik, und Eisregen haben hier einmal mehr bewiesen, dass sie der Treue ihrer Fans würdig sind... nicht zuletzt "weil Jesus stinkt!" ;)

Veröffentlichung: 30.04.2010